Kartoffelbraten

Das Kartoffelbraten im offenen Feuer ist eine alte Eschershäuser Tradition, die auch in anderen Orten im Bereich der Ithbörde gepflegt wird.

Im etwas weiteren Umkreis ist dieses Brauchtum dann kaum noch bekannt, erst in einigen anderen Regionen Deutschlands, wie z.B dem Sauerland, gibt es wieder "Kartoffelbratfans".

 

Die Entstehung des Kartoffelbratens ist nicht genau zu benennen bzw. zu erklären. Sicherlich gibt es da regionale Unterschiede.

Viele Erzählungen gehen aber davon aus, das es schon in den frühen Jahren des Kartoffelanbaus am Ende der Ernte entstanden ist.

 

Die Felder lagen früher oft zu weit von den Dörfern entfernt um zum Essen heim zu gehen oder sich eine Mahlzeit bringen zu lassen.

Und da das Kartoffelkraut gleich auf dem Acker verbrannt wurde und immer ein paar Kartoffeln "angeschlagen" oder zu klein waren um "eingesackt" zu werden, wurden diese in der Glut des "Kartoffelfeuers" gegart und gleich, mit Schale und Ruß, aus der Hand verzehrt.

 

Wer erinnert sich in diesem Zusammenhang nicht an die Szene aus dem Oscar prämierten Film "Die Blechtrommel".

Der Roman von Günter Grass aus dem Jahr 1959 wurde von Volker Schlöndorff im Jahr 1979 verfilmt und am Anfang der Geschichte sitzt Oskar Mazeraths Großmutter auf einem Acker am Kartoffelfeuer und gart Kartoffeln.

Ein flüchtiger Brandstifter flüchtet sich unter ihre Röcke und.....naja, usw. usw. ;-)

 

Wer heute in einem etwas grösseren Rahmen, wie z.B im Bekanntenkreis oder einem Verein, ein Kartoffellbraten durchführen möchte, braucht etwas mehr als nur einen Haufen Kartoffelkraut.

 

In Eschershausen gibt es Vereine, die mit über 100 Personen feiern, und das Eschershäusser Kartoffelbratfest lockt seit Jahren Tausende Besucher aus nah und fern in die Stadt.

(siehe auch Galerie/Eventfotografie/Kartoffelbratfest E'hausen)

 

Auch ich freue mich im September immer auf das grosse Kartoffelbraten, das ich seit über 30 Jahren gemeinsam mit meinen engsten Freunden und Bekannten begehe.

Je nach dem wie viele Gäste dazu geladen wurden, handelt es sich meist um einen Kreis von 30 - 40 Personen.

Und da es bei uns auf dem Land Tradition ist, diese Veranstaltung möglichst rustikal und naturnah durchzuführen, ist da eine Menge logistische Arbeit zu leisten.

 

Als erstes benötigt man natürlich einen grossen Haufen gutes Buchenholz. Dieses wird natürlich von den Männern der Ausrichter selbst "geschlagen" und an Ort und Stelle verbracht. 

Mit der Menge Holz könnte man sicher einen ganzen Winter heizen.
Mit der Menge Holz könnte man sicher einen ganzen Winter heizen.
Der junge Mann ist über 1,90 groß, das zeigt die Größe des Holzstapels.
Der junge Mann ist über 1,90 groß, das zeigt die Größe des Holzstapels.
Planen werden gespannt um bei Regen im Trockenen essen zu können.
Planen werden gespannt um bei Regen im Trockenen essen zu können.

Um Glut für das Essen für 40 Personen zu erhalten, muss man das Feuer früh anstecken. Und auch das Aufbauen des Platzes mit Tischen, Stühlen, Zeltplanen, Beleuchtung etc. muss früh beginnen.

Aber die Arbeit im "Aufbaukommando" ist keine Strafe. Der beginnende Tag im Frühherbst, der Geruch des Buchenfeuers, ein schönes Frühstück mit Freunden....man kann schlechtere Tage haben! 

Wer um 14 - 15 Uhr einen Riesen Haufen Glut braucht, muss früh zündeln.
Wer um 14 - 15 Uhr einen Riesen Haufen Glut braucht, muss früh zündeln.

Natürlich dürfen auch die Getränke nicht fehlen. Eine große Kühlkiste, gefüllt mit Eisklumpen, sorgt für angenehme Trinktemperatur.

Gegen mittag ist alles aufgebaut und die meisten Teilnehmer treffen ein.

Um 15 Uhr wird dann der große Haufen Glut geöffnet und die Kartoffeln mit Hilfe eines Korbes hinein gelegt.

Die Glut wird nicht sofort geschlossen, man lässt die Kartoffeln etwas "schwitzen". Dann werden sie gesalzen und der Haufen verschlossen.

Das Besteck des "Bratmeisters".
Das Besteck des "Bratmeisters".
Die Glut wird geöffnet.
Die Glut wird geöffnet.
Die Kartoffeln werden vorbereitet.
Die Kartoffeln werden vorbereitet.
Das sieht harmlos aus, ist aber eine "heisse" Sache. Dabei verliert man schnell ein paar Haare.
Das sieht harmlos aus, ist aber eine "heisse" Sache. Dabei verliert man schnell ein paar Haare.

Nach einer guten Stunde (je nach Größe) sind die Kartoffeln dann fertig und können "serviert" werden.

Sie werden "nicht" gewaschen und auch "nicht" gepellt. Wir hatten schön Städter zu Gast die damit garnicht klar kamen, aber es ist wirklich so.......man stirbt an so'n bischen Schmutz nicht.

 

Sie werden mit der flachen Hand aufgeschlagen damit sie abkühlen und dann zusammen mit eingelegten Heringen und frischem Thüringer Mett verzehrt.

Wer so eine Mahlzeit einmal genossen hat, wird sich verlieben und die Kartoffeln nie mehr anders essen wollen!

 

 

Wenn dann der eine oder andere "Kurze" den Magen wieder etwas aufgeräumt hat, werden die "Jägerrouladen" ins Feuer gelegt.

Thüringer Mett, gewürzt und mit Zwiebeln, in Alufolie verpackt.

Dazu gibt es Brötchen oder wer es noch hinein bekommt, übrig gebliebene Kartoffeln der ersten Runde.

Damit rutscht das Essen besonders gut.
Damit rutscht das Essen besonders gut.

Wenn das Essen dann abgeschlossen ist, wird wieder Holz auf die Glut gelegt und man verbringt den Rest des Tages in geselliger Runde am großen Feuer.

 

 

Und obwohl ich nun schon seit über 30 Jahren Kartoffelbraten feiere und dabei hunderte Bilder gemacht habe.....vom "Großreinemachen" am anderen morgen hab ich bis heute keine ;-) Aber das muss ja auch nicht sein.

 

Am Ende dieses kleinen Blogs möchte ich alle, die einmal die Möglichkeit haben an einem Kartoffelbraten teilzunehmen, ermutigen, so eine Einladung anzunehmen.

Aber versuchen sie bitte an einem "echten" Kartoffelbraten teilzunehmen.

 

Nur älteren Menschen ist es gestattet, ohne offenes Feuer in einem geschlossenen Raum mit Kartoffeln und Mett aus dem Backofen zu feiern ;-)